27.06.2020

Interview: «Video ist ein Beziehungsmedium»

Ende Juni 2020 erschien in der Zeitungsbeilage «Alpha» ein Interview mit Smovie über den Stellenwert von Video.

Daniel Wagner, wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Leuten das Filmen beizubringen?

Ich komme, wie mein Geschäftspartner Stefan Klameth, aus der Unternehmenskommunikation. Unsere Kunden sagten uns, dass sie eigentlich gerne Bewegbild-Content hätten auf ihren Plattformen, die Produktion aber viel zu aufwendig und viel zu teuer sei. Also haben wir uns entschieden, die Filme nicht mehr konventionell anzubieten mit grossen Kameras und mit Ton- und Lichttechnikern, sondern die Unternehmen im Filmen mit dem Handy auszubilden. Unser fünftägiges Schulungsprogramm kostete 20 000 Franken. Das war den Firmen immer noch zu teuer. Also haben wir das Programm auf einen einzigen Tag eingedampft – und konnten uns vor Aufträgen fast nicht mehr retten. Die Vorteile des Handyfilms liegen auf der Hand: Jeder hat ein Handy, also kann es jeder. Die Technik ist so gut, dass man qualitativ gute Filme drehen kann. Selber ist man am schnellsten, und dadurch ist es günstig. Schliesslich macht es Spass, selber etwas zu produzieren.

Wie haben die Kollegen aus der Werbefilmbranche auf Ihre Initiative reagiert?

Sie rümpften die Nase. Das ist verständlich, wir hinterfragen das Geschäftsmodell der klassischen Produktionen ja auch ein Stück weit. Wir verstehen uns aber nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung, die sich aufdrängt, einfach weil sie möglich ist. Wenn sich eine Branche neuen technischen Möglichkeiten verschliesst, dann kommt das nicht gut. Das musste beispielsweise Kodak erfahren, ein Unternehmen, das die Digitalfotografie verschlafen hatte – und verschwand.

In den letzten vier Jahren haben 2300 Personen einen Einführungskurs bei Ihnen besucht. Wer sind diese Leute und was treibt sie an?

Unsere ersten Kunden waren Touristiker. Im Tourismus muss man Marketing machen und steht gleichzeitig unter starkem Preisdruck. Heute kommen die Kursteilnehmer aus allen Branchen. Das Spektrum reicht von internationalen Kunden, die interne Schulungen mit Video durchführen, bis hin zu KMU und Kleinstfirmen, die ihre Produkte und Dienstleistungen über das Internet verkaufen.

Interview mit Smovie im Alpha Kadermarkt
Interview mit Smovie im Alpha Kadermarkt
Wie ist die Nachfrage im HR-Bereich, etwa für das Employer Branding?

Wir spüren langsam einen Aufbruch. Gerade während der Corona-Krise mit all den Videokonferenzen haben viele Unternehmen gemerkt, dass Video nicht nur ein Reichweitenmedium ist, sondern auch ein Beziehungsmedium: Mit Video kann man sehr schnell und einfach in Beziehung zu anderen Menschen treten. Das haben beispielsweise auch zwei unserer aktuellen HR-Kunden erkannt: Die Stadt Kloten sucht mit Videos von Kindergartenkindern neue Kindergärtnerinnen und Kindergärtner, und auch die Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich setzen Videos im Recruiting ein.

Sollten sich Arbeitnehmer mit einem Video auf eine Stelle bewerben, ergänzend zu den schriftlichen Unterlagen?

Als Arbeit suchende Person muss man sich immer fragen, wie man sich am besten präsentieren kann. Wenn man als Arbeitgeber einen Link zu einem Motivationsvideo erhält, wirkt das sicher sympathisch. Es zeigt einem auch, dass diese Person die Skills hat, Videos zu produzieren und sich zu vermarkten. Heute ist praktisch jeder Mitarbeiter in den Sozialen Medien aktiv und somit auch ein potenzielles Sprachrohr für seinen Arbeitgeber. Ich gehe davon aus, dass es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis sehr viel mehr als heute gefilmt wird. Videofilme zu machen, gehört schon bald zur Grundausstattung im Arbeitsleben.

Homeoffice Video Hacks

Wegen Corona arbeiten viele im Homeoffice. Video, also bewegtes Bild, ist der beste Ersatz des persönlichen Kontakts zwischen zwei Menschen: visuell und auditiv sowie emotional verbindend. Und gar nicht mal so schwer, wenn man weiss, wies geht. Deshalb haben wir nun unser gesamtes Wissen und unsere mehrjährige Erfahrungen in einen umfassenden Guide gesteckt. Du erhältst Tipps zu: Videokonfenzen, Live Webinaren, Handyfilmen, Live Streaming und vielem mehr. Immer unserem Motto verpflichtet: Es geht auch einfach.

Ihr Kerngeschäft sind die Einführungskurse, die mit dem Lockdown schlagartig nicht mehr durchgeführt werden konnten. Wie war das für Sie?

Es war ein Schock. Innerhalb eines Tages fiel unsere ganze Arbeit weg. Also mussten wir uns radikal neu erfinden. Zu unserem eigenen Erstaunen haben wir es innerhalb von vier Wochen geschafft, unsere Schulungen digital anzubieten. Heute wissen wir, dass wir unsere Skills für die digitale Welt übersetzen können. Corona gab uns einen Innovationsschub: Sachen, die wir schon immer machen wollten, aber im Tagesgeschäft immer wieder verschoben hatten, haben wir nun umgesetzt.

Welches waren die grössten Herausforderungen?

Eine grosse Herausforderung war es, das ganze Team auf das gleiche Level zu bringen, ohne dass wir uns zu physisch treffen konnten. Es war ja jeder im Homeoffice. Die zweite Herausforderung war, wie wir an Kunden gelangen konnten. Am Anfang waren wir ein wenig ratlos. Jedes Unternehmen hatte zu Beginn des Lockdowns andere Sorgen als Videos zu produzieren. Dann haben wir die Homeoffice Video Hacks in den Sozialen Medien lanciert und so die ersten Kundenanfragen erhalten. Heute sind wir wieder recht gut gebucht. Die Onlinekurse werden auch in Zukunft ein fester Bestandteil unseres Angebots bleiben.

In den Anfängen der Sozialen Medien genügte ein Text, dann mussten Fotos her, und jetzt sind Videos ein Muss. Was kommt als Nächstes?

Ich glaube, dass das Potenzial für Video noch nicht ausgeschöpft ist. Zudem sind hybride Modelle im Kommen: Eine Veranstaltung findet physisch statt, und parallel wird sie live gestreamt in den Sozialen Medien. Generell werden Live-Videos zunehmen, auch weil während der Corona-Krise alle erlebt haben, dass es technisch funktioniert. Längerfristig wird wohl auch Augmented Reality ein wichtiges Thema, also die Kombination von visueller Information mit digitalen und interaktiven Erweiterungen. Schon heute lautet unser Motto: «Beziehung statt Broadcast». Das Ziel der Unternehmenskommunikation sollte nicht mehr eine möglichst grosse Reichweite sein. Vielmehr geht es um die Stärkung der Mensch-zu-Mensch-Beziehungen – mit dem Medium Video, über verschiedene Plattformen.

Das Interview führt Stefan Krucker von Psychotext für Alpha