Stefan Klameth, Daniel Wagner und Urs Meier sind Jungunternehmer. Sie produzieren Videos mit dem Smartphone und zeigen Firmen, wie das geht. Ein Porträt im Mitarbeitermagazin des Kaufmännischen Verbandes Schweiz von Rolf Murbach mit Fotos von Marion Nitsch.
Video first hat Mark Zuckerberg schon vor Jahren gesagt. Natürlich tummeln sich seit langem viele auf den Videoplattformen,es gibt YouTuber, und Firmen stellen ihre Videos auf die Sozialen Medien. Aber so richtig durchgesetzt hat sich die Bewegtbildproduktion in breiten Kreisen erst in den letzten zwei, drei Jahren. Mit der Pandemie und den Online-Meetings hat Video – und Streaming – nochmals einen Schub erfahren.
Firmen präsentieren Produkte und Dienstleistungen per Video, Lehrpersonen und Dozenten sprechen ihre Inhalte in die Kamera und machen das Wissen Schülern und Studierenden zugänglich. Aber wie man das gut macht, wissen viele nicht. Wie man kostengünstig, mit geringem Aufwand und mit einfachen Tools arbeitet, ist den meisten unbekannt. Dass eine gute Idee, ein Smartphone, ein anständiges Mikrofon, passable Lichtverhältnisse und eine unkomplizierte Schnitt-App genügen, um ein Video zu produzieren, können sie sich nicht vorstellen. Was da gerade läuft, in welche Richtung sich die Videoproduktion entwickelt, haben Stefan Klameth und Daniel Wagner schon vor Jahren wahrgenommen. Sie wussten: Ein Paradigmenwechsel steht bevor. Neben teuren Filmprojekten werden sich schlanke und schnelle Videoproduktionen durchsetzen. Aber man muss den Leuten zeigen, wie man das macht. Die Idee für ein erfolgreiches Geschäft war geboren. «Mit dem Handy kann man mehr als telefonieren», sagt Stefan Klameth.
Die beiden kennen sich seit fast dreissig Jahren, sind befreundet und haben Erfahrung in Journalismus und Kommunikation. In vielen Projekten haben sie beruflich zusammengearbeitet, zwischendurch trennten sich ihre Wege. Stefan Klameth wollte Fotograf werden, landete als Videojournalist bei Tele Züri und Tele 24, machte sich mit einer Filmproduktionsfirma selbstständig und arbeitete für verschiedene Sender. Daniel Wagner durchlief eine Karriere in Kommunikation und Marketing, ebenfalls selbstständig. Was die beiden verbindet: Sie sind verschieden und ergänzen sich bestens.
Sie sind Macher, lassen sich auf Neues ein. Und sie haben den Mut zu scheitern. Stefan Klameth ist der Abenteurer, der einfach macht. Er ist Filmer und Produzent. Daniel Wagner behält die Übersicht, entwickelt Marken, berücksichtigt Spirit und Lifestyle. Daniel sagt: «Stefan ist das Herz, und ich bin das Hirn.» Und Stefan ergänzt: «Wir fangen schnell Feuer und schaukeln uns gegenseitig hoch.»
Mit dem Handy kann man mehr als telefonieren. 2015 starteten sie gemeinsam einen ersten Kurs: Professionell filmen und schneiden mit dem Smartphone. Noch buchten viele Unternehmen teure Produktionsfirmen, «finanzierten den überrissenen Agenturblascht». Die beiden Kreativen waren sich sicher: «Wir können das schneller und günstiger – und unsere Kunden auch, sofern sies selber machen.»
Es ging darum, an Firmen und Budgets zu kommen. Die Idee funktionierte, die eintägigen Kurse waren gefragt, und bald produzierten Stefan Klameth und Daniel Wagner mit ihren Smartphones auch Firmenvideos und streamten Veranstaltungen live. Das Geschäft lief so gut, dass sie eine Firma gründeten: Smovie – Film aus der Hosentasche. Die Entwicklung spielte den Firmengründern in die Hände. Social Media, das Bereitstellen von Content und der Austausch mit der Community, gewannen an Bedeutung. Zudem wurden die Smartphones immer besser und erlaubten das Filmen und Schneiden von professionellen Videos. Und: Dank der Plattformen etablierte sich eine neue Erzählweise und Ästhetik. Daniel Wagner: «Kurzlebige Stories, kreative Hochformatvideos wie auf TikTok und eine Portion Trash gehören dazu. Man muss nicht mehr in TV-Qualität produzieren. Das senkt die Hemmschwelle.»
Smovie ist eine Erfolgsstory – und ein agiles Unternehmen. Die beiden Gründer machten nur einen rudimentären Businessplan, gingen wenig strategisch vor, sondern liessen sich von Markt, Gefühl und Lust treiben. Sie stellen keine Spezialisten ein, sondern «Menschen, bei denen wir ein gutes Gefühl haben». Und Leute, die bereit sind anzupacken, sich Neuem auszusetzen, anders zu denken, effizient zu arbeiten. Smovie wuchs organisch. Heute zählt das Startup zehn Mitarbeitende und ist spezialisiert auf Schulung und Corporate Learning, Videoproduktion und Live Streaming – alles mit dem Smartphone.
Tipps fürs Livestreaming mit dem Smartphone
Es gibt Podcasts zum Hören und Smoviecasts zum Gucken: «Life is Live» widmet sich ganz dem Livestreaming. In 20 Episoden à 15 Minuten geben Stefan Klameth und Daniel Wagner Tipps fürs Streaming mit Smartphones. Immer montags und donnerstags um 16.30 Uhr, bis Ende März 2021. Schalten Sie ein!
Dann, vor drei Jahren, merkten Daniel Wagner und Stefan Klameth, dass sie einen weiteren Partner brauchten, am besten einen Geschäftsführer. Einer, der anders tickt und Administration und Personal im Griff hat. Die beiden Gründer konnten das Business und den ganzen Laden nicht mehr alleine bewältigen.
Urs Meier kannten sie seit eineinhalb Jahren. Er arbeitete bei einer grossen Pensionskasse und hat dort Handyvideo zusammen mit Smovie eingeführt. Die Zusammenarbeit gestaltete sich unkompliziert und freundschaftlich. Für Daniel und Stefan war klar: Urs würde zu ihnen passen. Sie schrieben ihm ein Mail und fragten ihn, ob er Lust hätte, bei einem Bier gemeinsam über seine berufliche Zukunft nachzudenken.
Urs Meier war überrascht, freute sich über die Anfrage, hatte aber auch Zweifel. Würde er das schaffen? Das Tempo des Start-ups goutieren? Zudem waren die Aufgaben neu. In reizte der angebotene Job, er hatte aber auch Respekt davor. Mit 45 nochmals durchstarten war eine Chance, die man nicht zweimal bekommt. Andererseits würde er eine sichere Stelle aufgeben. Was, wenn die Videogeschichte nur ein kurzer Hype war? Was, wenn ihm die komplett andere Unternehmenskultur von Smovie doch nicht passte? Meier hatte viele Fragen, besprach die Sache mit seiner Familie und Freunden und sagte schliesslich zu. «Es brauchte Mut, und es hat sich gelohnt.»
Heute könnte sich Urs kaum mehr vorstellen, bei seinem früheren Arbeitgeber tätig zu sein, wo die Herausforderung darin bestand, «den Mitarbeiter im unteren Stockwerk von einem Projekt zu überzeugen». Bei Smovie geht alles schnell, Projekte werden durchgezogen, experimentieren und scheitern ist erlaubt, sofern am Schluss die Zahlen stimmen. Und das tun sie offenbar.
Der gelernte Bankfachmann brachte viel Erfahrung in die junge Firma. Er arbeitete im Anlagegeschäft, entwickelte sich dann weiter Richtung Marketing und Eventmarketing, gründete eine eigene Firma, landete im Immobilienmarketing und war bei der Pensionskasse schliesslich für das Marketing, insbesondere die Vermarktung von Mietwohnungen, zuständig. Smovie profitiert von diesen Erfahrungen. Die Geschäftsprozesse sind, seit Urs Meier mit seinem betriebswirtschaftlichen Know-how mit von der Partie ist, strukturierter und Zuständigkeiten genauer definiert. Einzug gehalten hat auch eine Kultur der Reflexion. Früher hatten die Mitarbeitenden kaum Zeit für Meetings, weil sie immer nur produzierten. Heute findet regelmässig Austausch statt, was eine bewusste und strategische Weiterentwicklung der Firma ermöglicht.
Die drei Partner setzen nicht auf Wachstum, auch wenn sie es könnten. «Wir wollen überschaubar bleiben, die Magie von Smovie beibehalten», sagen Klameth und Wagner. Und sie wollen bei der Arbeit Spass haben, nur mit Auftraggebern zusammenarbeiten, wenn die Chemie stimmt. Und doch gibt es Pläne. Daniel Wagner denkt an Smovie-Standorte im Ausland. «Amsterdam, Kopenhagen, Barcelona, Hamburg. Wer weiss, wo. Aussenbüros oder Lizenzmodell, das wäre schon cool, denn was wir hier machen, gibt es im Ausland nicht.»
Wo auch immer Smovie coacht, schult, dreht und streamt. Wichtig ist den Mitarbeitenden der Spirit, die Offenheit für Neues und ihr Beitrag zu einer lebendigen Kommunikation. Stefan Klameth sagt: «Video ist ein Beziehungsmedium. Es geht um Emotionen, Geschichten, Momente und die Verbindung mit anderen Menschen». Das gilt während einer Pandemie besonders.